Im letzten Text ging es um die ersten drei Monate nachdem ich hängengeblieben war, heute berichte ich über den schwierigen Neuanfang…
…. Ich war nun also wieder daheim, habe bei meiner Mutter gewohnt, kam langsam zur Ruhe.
Schon als in der Klinik meine Entlassung vorbereitet wurde, empfahl man mir dringend, mich regelmäßig bei einer Drogenberatungsstelle zu melden, es wurde also bereits da ein Termin ausgemacht. So ging ich also schon wenige Tage nach meiner Entlassung dort hin und hatte dann 3 Jahre jede Woche ein Gespräch mit einem Psychologen was immer eine Stunde gedauert hat. Dafür musste ich nichts bezahlen, es wurde über eine Pauschale im Rahmen der Nachsorge finanziert.
Ich habe von dieser Psychotherapie sehr profitiert, denn schon nach einigen Tagen in meinem alten umfeld hatte ich ein großes Bedürfnis wieder zu kiffen.
Ich wusste, dass ich wenn überhaupt nur diese Droge vertragen würde, alles was irgendwie aktiviert war mir sehr unangenehm überhaupt daran zu denken.. amphetamin oder ecstasy wären undenkbar gewesen.
so kam es nach ca 2 Wochen dazu, dass ich bei einem Kumpel saß und auf die idee kam, ich könnte ja mal wieder einen rauchen. Also rauchte ich einen kleinen Kopf an der Bong und ein sehr vertrautes Gefühl stellte sich ein. Ich hatte eine sehr nachdenkliche Wirkung, plötzlich konnte ich meine ganze Situation von weit weg aus einer anderen Perspektive betrachten.
Mir wurde alles plötzlich klar, ich dachte an die ganze Zeit in der Klinik, den Höhenflug und den darauffolgenden Absturz. Es war eine sehr psychedelische Erfahrung und ich hatte zum ersten mal so einen gesamtüberlick über das was mir in dem letzten halben Jahr passiert war und wo ich gerade stand, ich war nicht traurig darüber, eher beeindruckt aber auch melancholisch.
Am nächsten Tag fühlte ich mich gut, die Wirkung des Cannabis spürte ich noch, konnte aber in den nächsten Tagen nein dazu sagen und bin nicht komplett rückfällig geworden. Einige Tage später erzählte ich meinem Psychologen von dem Rückfall und auch meinem Bruder.
Irgendwann bekam es auch meine Mutter mit und es gab einen riesen Aufstand, verständlicherweise.
Kurze Zeit später stand eine Goa-Party bei einem bekannten Goaverantsalter, der verwandelte sein Haus einmal im Jahr zu einer extremen Drogen-Session, Im Keller ein Dancefloor und das ganze Haus war bunt dekoriert, überall waren Leute die Nasen gezogen haben, es wurde gekifft usw, die meisten Leute dort waren schon etwas älter, diese Partys waren für mich früher so ziemlich die krassesten Erlebnisse.
Dieses mal jedoch wolllte ich dort nüchtern hingehen, denn ich war ja clean und es war ein höchst seltsames Gefühl, ohne jegliche Wirkung im Gehirn dort Party zu machen.
So kam es dort zu meinem zweiten Rückfall und dadurch hing der Haussegen dann ziemlich schief, das positive war jedoch, dass ich nur gekifft hatte.
Es gab also ein Krisengespräch mit meiner Familie und es wurde vereinbart, dass ich nur zuhause wohnen konnte, wenn ich clean war.
So musste ich alle paar Wochen zum Screening und dies ist nun 8 Jahre her, seitdem hab ich keine einzige illegale Droge mehr angerührt. Ich war wie gesagt von dort an noch 3 Jahre bei der Drogenberatung umd hab dadurch eingesehen, dass meine einzigste chance ist, clean zu bleiben und meinem Gehirn Ruhe zu gönnen.
An arbeiten war nicht zu denken, ich habe viel ferngesehen, war damals noch extrem auf dem Trip und hatte ständig Halluzinationen, habe nachts viel geträumt und das krasse war, dass ich auch tagsüber geträumt habe. sobald ich etwas zur Ruhe kam, driftete ich ab in das Land der Träume. Teilweise waren diese Zustände so heftig, dass ich Angst hatte, in einen tiefen Traum zu fallen und gar nicht mehr aufzuwachen.
Es war wirklich als ob ich in zwei Welten lebte, nämlich in der realen und in einer ganz ganz anderen mystischen und sublimen Welt, in die ich durch das Lsd Zugang bekommen hatte.
Ich glaube eh, dass das Träumen den Zugang zu einer anderen Dimension darstellt, in die sich das Bewusstsein nachts probeweise begibt.
Ich lebte zwar noch zu einem großen Teil in der normalen, menschlichen Welt, jedoch war ich auch öfter mal kurz davor, komplett abzudriften in diese andere Dimension.
Es passierte regelmäßig, dass ich in Situationen im Alltag nicht wusste, ob ich nun träume oder nicht. außerdem konnte ich oft nicht unterscheiden ob Erinnerungen nun aus dem Traumland stammen oder ob sie wirklich passiert sind…
Ich musste mich nun also damit auseinandersetzen, völlig anders als die Anderen zu sein und es war in der Anfangszeit wirklich schwer…
Bei Familienfesten saß ich oft abseits , z.B. an Ostern, als wir alle bei Frühlingswetter draußen waren und im Grünen saßen, Kinder haben gespielt und es herrschte eine schöne Harmonie.
Ich legte mich einige Meter von der Gruppe entfernt ins Gras und es überkam mich ein psychedelischer Schub.
ich hörte die Stimmen meiner Eltern und meiner Neffen und Nichten, ich freute mich, dass sie ausgelassen fröhlich waren. Ich machte mir bewusst, dass ich nun für den Rest meines Lebens ein anderer Mensch sein würde, einer der in völlig anderen Welten lebt als meine Familie, ich spürte auf meiner Haut die Sonnenstrahlen und dachte an das Universum, die ganzen anderen Planeten und die Kugel auf der wir hier saßen, seit Milliarden Jahren bewegt sich hier dieser chemische Prozess, irgendwo in diesem Universum liege ich hier auf der Erdoberfläche und bin Teil des Lebens. Alle Mitglieder der Horde aus meiner Familie leben ihr Leben ganz normal, nur ich liege Abseits und mache mir all das bewusst, was hier gerade passiert…
So, in dem nächsten Text geht es um die vorübergehende weitere Stabilisierung und dann um einen fatalen Fehler, der meinen Trip wieder in schwindelerregende Höhen katapultiert hat..
Lg Crystalix