Unter dieser Rubrik werde ich Berichte aus Kliniken veröffentlichen, in denen ich behandelt wurde. die Berichte wurden von Psychologen und Ärzten geschrieben und dokumentieren Krisensituationen aus der Sicht von professionellen Therapeuten.
Dieser erste Bericht beschreibt meine erste Behandlung, im Jahre 2005 in Frankfurt. Dort wollte ich eine Entwöhnungsbehandlung machen um meinen Konsum in den Begriff zu bekommen. Kurz vor der Behandlung trippte ich auf LSD und alles kam anders als geplant. während dieses Klinikaufenthaltes kam der Trip mit aller Kraft zurück, was ich jedoch erst später realisierte. Die Therapeuten waren ratlos, wie sie auch in dem Bericht mehrfach betonen. Wenigstens bin ich seit dieser Zeit clean. ich hab fast ein Jahr meines Lebens insgesamt in verschiedenen Kliniken verbracht.
Der Bericht ist sehr lang und teilweise zieht er sich noch dazu sehr in die Länge, aber würde mich freuen wenn ihn trotzdem jemand bis zum Ende liest..
Allgemein:
Der Vater sei 69 Jahre alt. Die Mutter sei 58 Jahre alt. Herr M. habe 3 Brüder (plus 20, plus 2) und eine Schwester (plus 19).
Sonstige relevante Erkrankungen (einschließlich Suchterkrankungen) seien in der Herkunftsfamilie nicht bekannt.
Eigenanamnese:
Durch Kaiserschnitt geboren. Die üblichen Kinderkrankheiten seien folgenlos ausgeheilt, Nach Angaben von Herr M. liegen folgende Vorerkrankungen/Vorbehandlungen vor: mit 14 J. Appendektomie und mit 4 Jahren Tonsillektomie.
Vegetativanamnese:
Unverändertes Gewicht, Appetit normal, Schlaf ausreichend, keine Nykturie, keine Allergien bekannt. Herr M. nehme derzeit keine Medikamente ein.
Krankheitsrelevante biographische Anamnese:
Herr M. ist mit 4 Geschwistern (einem Zwillingsbruder) als der jüngste in der Geschwisterreihe aufgewachsen. Das Familienklima sei äußerst harmonisch, der Erziehungsstil außerordentlich gewesen. Es sei viel Wert darauf gelegt worden, die Kinder „von allen Giften fern zu halten“, sie hätten kein Fernseher gucken und nicht mit dem Pc spielen dürfen, jedoch viel Liebe von Mutter und Vater erfahren. Herr M. gibt an als jüngstes Kind besonders viel Aufmerksamkeit und Zuwendung erfahren zu haben, „etwas ganz Besonderes“ für diese dargestellt zu haben. Mit dem Zwillingsbruder habe er viele Konflikte gehabt, sich häufig abgelehnt gefühlt von diesem.
Da er ihn nicht in seiner Clique haben mochte, sei Herr M. oft in einer Außenseiterrolle gewesen und viel Zeit zu Hause bei der Mutter verbracht. Vermutlich sei er damals einsam gewesen, er könne sich jedoch nicht daran erinnern, dass ihn das belastet habe.
In der Grundschule sei er ein fügsamer Schüler mit guten Leistungen gewesen, erst mit dem Wechsel auf die Realschule in der 8. Klasse sei „ein Knick“ gewesen, vielleicht bedingt durch die überraschende Trennung der Eltern, von der keiner der Geschwister vorher etwas geahnt hatte. Da habe es auch begonnen, dass er sich beschämt und verunsichert, von Mitschülern belächelt gefühlt habe. Mit Beginn seines Substanzkonsums im Alter von 16/17 Jahren hätten sich diese Dinge „schlagartig“ verändert, in der Drogenszene sei er richtig „abgegangen“. Dort sei er beliebt und angesehen gewesen, „jede Langeweile wäre dort vergessen gewesen“.
Suchtanamnese:
Herr M. raucht seit 5 Jahren, durchschnittlich etwa 20 Zigaretten am Tag. Keine mehrmonatigen Abstinenzphasen.
Bezogen auf Drogen wurde seit etwa 2000 zusammen mit Klassenkameraden Cannabis eingenommen. Die anfängliche Dosis betrug 1/2 g/d. Schleichende Steigerung im Verlauf auf maximal 4-5 g/d.
Am 23.06.2005 kam es zu einer Beendigung der Einnahme in Zusammenhang mit anstehendem Therapiebeginn. 2002 habe er zudem auf Technopartys XTC eingenommen, die anfängliche Dosis betrug 1/2 Tbl., Steigerung im Verlauf schleichend, jedoch nicht regelmäßig.
Weiterhin wurde Mitte 2003 auf Goa Partys Amphetamine (später Crystal) eingenommen. Die anfängliche Dosis betrug etwa 1/2 g, nicht täglich. Steigerung des Amphetaminkonsums Mitte 2004, wo er in „rauhen Mengen“ (mind. 2g, vielleicht mehr) von 9/2004 bis 12/2004 täglich konsumiert habe. 3/05 kam es zu einer Beendigung der Einnahme. Abhängiger Drogenkonsum seit ca 2002, Intravenöse Applikation: nein, Subjektiv wurden Probleme in der Ausbildung, nachlassende Leistungsfähigkeit und Schwierigkeiten mit dem Atmen als Folge des Drogenkonsums bemerkt, zudem habe er zuletzt geglaubt „etwas wie einen epileptischen Anfall“ zu erfahren.
Von folgendem Entzugssymptom wird berichtet: gereizte Stimmung, leichte Aggressivität und Unruhe. Als Suchthinweise wird starker Drang zu kiffen, Einengung auf Drogen und Vernachlässigung alles anderen angegeben. Keine medizinischen Komplikationen bekannt. Der Patient hatte diesbezüglich noch keine Entgiftung und keine Entwöhnungsbehandlung. Die längste Abstinenzphase betrug etwa 8 Wochen während des Zivildienstes. Zudem habe er Pilze und Lsd nicht regelmäßig, „aber wenn dann exzessiv“ eingenommen. An psychotropen Medikamenten habe er 2004 mal versuchsweise Tavor eingenommen, jedoch nicht regelmäßig.
Alkohol habe keine größere Rolle für ihn gespielt, wurde nur gelegentlich als Beikonsum getrunken, die Wirkung habe er nie gemocht, „es gab immer was Besseres“.
2. Jetzige Beschwerden und funktionale Einschränkungen:
Herr M. beklagt ein Drogenproblem mit Cannabis, Amphetamine (Crystal), XTC und Kokain. Dass er abhängig sei von Cannabis sei ihm schon lange klar, doch habe er es längere Zeit nicht ernst genommen, „es sich schön zu reden versucht“. Im Zivildienst habe er wenig eigenverantwortlich zu tun gehabt, erst mit Ausbildungsbeginn und Zunahme an zu erledigenden Aufgaben habe er Einschränkungen bemerkt. Ende letzten Jahres (2005) habe er feststellen müssen, dass er so seine Lehre nicht schaffen werde. Er habe es in der Schule nicht mehr gepackt, zu viel nachzuholen gehabt und „alles ausgereizt“, auch krankschreiben sei keine Möglichkeit mehr gewesen..
Immer mehr Probleme hätten sich angestaut, alles habe Überwindung gekostet und letztlich habe er „einfach nicht mehr die Kurve gekriegt“. Den Gedanken an Therapie habe er noch nicht lange, irgendwie immer gedacht, es alleine schaffen zu können. Trotz Absprachen mit dem Arbeitgeber, von dem er viel Unterstützung erhalten habe, habe er nicht durchgehalten nichts zu konsumieren. „irgendwie sehe er ganz viele Sachen“, doch trotz dass ihm diese klar seien, handele er nicht danach. Er habe auch keinerlei Interesse an irgendwelchen Dingen, sei zuletzt gar nicht mehr rausgekommen. Außerdem habe er an Silvester nach Amphetamin, Kokain und Thc Konsum „etwas wie einen epileptischen Anfall“ gehabt und Januar 05 mal geglaubt, „dass sein herz weniger zu schlagen beginne“ Er erhoffe sich durch die Therapie den Wechsel zu einem normalen Tagesablauf, im geschützten Rahmen zu lernen auch längerfristig keine Drogen mehr zu nehmen, da sein großes Ziel darin bestehe, sein Ausbildung zu beenden.
Aktuelle funktionelle Einschränkungen bestehen nicht. Gesundheitsrisiken bestehen durch Rauchen.
3. Gegenwärtige Therapie, behandelnde Ärzte:
Hausarzt ist Herr Dr. Friedrich Bizer. Fachärztliche Untersuchungen fanden nicht statt. Die Behandlung wurde angeregt durch den Arbeitgeber und die Familie. Aktueller Anlass für den jetzigen Antrag auf eine Rehabilitationsbehandlung war die Gefährdung des Ausbildungsplatzes. Zuständige Suchtberatungsstelle: Fachstelle Sucht Herr Mayer, Dipl. soz-Arbeiter.
4. Allgemeine Sozialanamnese:
Herr M. sei ledig, lebe in einer Wohngemeinschaft und sie kinderlos. Die Lebenssituation sei belastet durch Drogenkonsum und Probleme in der Ausbildung infolgedessen. Es bestünden keine Schulden. Ein GdB (Behinderung) bestehe nicht. Aktuell lebe Herr M. von seiner Ausbildungsvergütung bzw. Krankengeld und der Unterstützung der Eltern.Es sei kein Rentenantrag gestellt worden. Keine Betreuung. der Führerschein wurde noch nicht gemacht. Vorstrafen bestünden keine. Aktuell keine Gerichtsverfahren anhängig.
5. Arbeits- und Berufsanamnese:
Schulabschluss: Realschulabschluss, erlernter Beruf: Heilerziehungspfleger (noch in Ausbildung) letzte Berufstätigkeit: Lehrling mit noch nicht feststehendem Beruf. Herr M. war bei Aufnahme seit 25.01.2005 arbeitsunfähig wegen Abhängigkeitserkrankung. Unmittelbar nach dem Realschulabschluss habe Herr M. mit 17 Jh. den Zivildienst im Epilepsiezentrum in Kork begonnen. Obwohl er den ganzen Tag THC konsumiert hatte, habe er ein sehr gutes Zeugnis erhalten. Herbst 02 habe er eine Ausbildung zum Heilerziehungspfleger begonnen und befinde sich nun im 2. Ausbildungsjahr. Bisher habe er 2 Abmahnungen wegen unentschuldigten Fehlens erhalten.
Mit zunehmendem Aufgabenbereich sei ihm die Arbeit im Verlauf immer schwerer gefallen, er sei bekifft zur Arbeit erschienen, habe kein Engagement aufbringen können und „jeder Tag sei zur Qual geworden“. Darüber hinaus sei die Teamstruktur große Belastung gewesen. es habe eine „starke Hierarchie“ und viele Machtkämpfe untereinander gegeben und Herr M. selbst sei dort „nicht viel wert“ gewesen. 12/2004 habe er dem Schulleiter seinen Drogenkonsum mitgeteilt und zunächst viel Unterstützung erhalten. gemeinsam hätten sie einen Vertrag erstellt, in dem festgelegt wurde, dass Herr M. nicht mehr Thc konsumiere, er sich alle viel Wochen zum Gespräch melde und er eine ambulante Therapie beginne. Trotz guter Vorsätze sei es ihm zu keiner zeit gelungen sich an diese Vereinbarungen zu halten.
Im Januar 05 sei er dann zu der Entscheidung gekommen, dass er die Ausbildung nicht beenden wolle, das eh nicht schaffen werde, was er dem Ausbilder mitgeteilt habe.
6.Aufnahmebefund, Vorbefunde, ergänzende Diagnostik
Internistischer Befund:
Es stellt sich ein 20-Jähriger Patient in gutem Allgemeinzustand und in gutem Ernährungszustand vor, Größe 182 cm, Gewicht 69 Kg, Haut gut durchblutet, keine Ödeme, keine Leberhautzeichen, keine Dyspnoe, keine Zyanose, Fußpulse beidseitig gut tastbar, keinen Varicosis.
(Hier folgt ein körperlicher Befund, der hier relativ uninteressant ist, daher habe ich ihn nicht aufgeschrieben, ich bin körperlich gesund..)
Neurologischer Befund:
Hirnnerven regelecht, NAP frei, kein Nystagmus, Pupillen seitengleich mit guter Reaktion auf Licht und Konvergenz, Sprache, Hören und Sehen bei klinischer Prüfung ungestört bis auf Sehkraft, usw usw….
(weiter gehts mit dem Psychischen Befund..)
Psychischer Befund:
In der Aufnahmesituation war der junge Patient, der von der Mutter begleitet wird, bewusstseinsklar und zu allen Qualitäten orientiert. Der interpersonelle Kontakt ist gut herstellbar, er wirkt zurückhaltend und kooperativ. Kein Hinweis auf Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen. Ständig „abgerissene“ Gedanken werden beklagt und dass ihm schwer falle, auf Fragen zu antworten. Formalgedanklich scheint er jedoch unauffällig, er schildert seine Beschwerdebereiche überlegt, differenziert und wirkt geordnet im Denk- und Sprachablauf. Er wirkt selbstkritisch, Introspektions- und Reflexionsvermögen erscheinen hoch.
Kein Anhalt für Wahn, Inhaltliche Denkstörungen, Sinnestäuschungen oder Ich-Störungen. Affektiv erscheint er eher flach, nur wenig schwingungsfähig, Gleichgültigkeit und ausgesprochene Antriebsminderung („alles werde zu viel, koste Überwindung; trotz guter Vorsätze habe er nichts mehr hingekriegt.“) werde beklagt. Psychomotorisch ist er auffällig ruhig und verhalten. Ängste (nach Amphetaminkonsum „mal etwas wie einen epileptischen Anfall“ gekriegt zu haben; Herzprobleme u.ä.) depressive Stimmung und hoher Leidensdruck werden vom Patienten berichtet, sind jedoch wenig spürbar. Kein Anhalt für Suizidalität.
Laborwerte:
Alle Blutwerte liegen innerhalb der Toleranz.
GOT: 15
GPT: 17
LDH: 13
Cannabis : 65
Alle anderen Drogen: negativ
EKG:
Untersuchung vom 23.06.2005:
Normfrequenter Sinusrhytmus, Steiltyp, keine Repolasirationsstörungen, keine Hypertrophiezeichen.
Zusammenschau der Diagnostik:
Bei Herrn M. besteht eine behandlungsbedingte Störung durch Cannabinoide und multiplen Substanzgebrauch (insbesondere von Amphetaminen). Was Cannabiskonsum betrifft zeigt er sich zu Therapiebeginn zu Teilen problembewusst, wenn auch bagatellisierend; so habe er schon immer gewusst, „in der Sucht zu leben, dass er abhängig von Thc sei, sich jedoch nicht gestört daran“. Andere Substanzen sehe er als nicht so problematisch an, „da er nicht am Stück gezogen, kein Problem mit dem Aufhören gehabt habe“. Die Behandlung tritt er zum Teil fremdmotiviert durch den Arbeitgeber an, inzwischen habe er jedoch selbst bemerkt, „die Kurve nicht mehr zu kriegen“ und erhoffe sich dabei Unterstützung durch die Therapie. „um überhaupt erst Mal eine Zeitlang abstinent im geschützten Rahmen leben zu lernen.“ Körperliche Einschränkungen im Sinne von Folgeerkrankungen sind keine vorhanden.
Hinsichtlich einer sozialen Situation ist zu bemerken, dass Herr M. in einer Wohngemeinschaft in Kehl lebt, wo sein Ausbildungsverhältnis besteht, aktuell ist er bei der Mutter untergekommen. Die Beziehung zu den Eltern sei eng und vertrauensvoll, v.a die Mutter stelle wesentliche Bezugsperson dar. Im Freundeskreis kenne Herr M. eigentlich nur Leute die konsumierten, „mit anderen habe er sich gar nicht mehr abgeben wollen“. Seine berufliche Situation ist durch seine Suchtproblematik stark gefährdet. Trotz Unterstützung des Arbeitgebers und gemeinsam getroffenen Vereinbarungen sei ihm nicht gelungen drogenfrei zu leben.
Inzwischen stelle Therapie zu machen Auflage dar für eine Fortsetzung des Lehrverhältnisses. Herr M. selbst habe bemerkt den Anforderungen in der Lehre nicht mehr nachzukommen, „fühle sich zunehmend im Drogensumpf“, doch die Ausbildung abzuschließen, stelle noch ein großes Ziel für ihn dar.
Als problematisch hinsichtlich seiner Lebensführung ist hierbei zu bemerken, dass multipler Substanzgebrauch des Patienten und damit verbundene Gefühle von Riesengaudi und „angesagt sein“, ohne viel dafür leisten zu müssen (das habe ich alles voll im Griff gehabt“) wesentliche Bestandteile seines bisherigen jungen Erwachsenendaseins darstellen..
Vom Patienten berichtete und zum Teil auch beobachtbare Störungen seiner Befindlichkeit, die große Teile des Behandlungsgeschehen dominierten (s. ausführlich im Rehabilitationsverlauf) und uns zunächst an psychosenahe Phänomene denken ließen, blieben für uns diagnostisch nicht klar eingrenzbar. In Anbetracht des Beschwerdebildes (spontanes Auftreten, weniger typische Symptomatik für endogene als organische Psychose, Spontanremission..) vermuteten wir zunächst eine Intoxikation des Patienten, was von ihm jedoch strikt und wiederholt verneint wurde und auch nicht nachgewesen werden konnte.
Alternativ dachten wir an eine Art verzögerte Nachhallphänomene des Drogenkonsums (i. S. von Flashbacks), wobei auch diese im Erscheinungsbild ungewöhnlich wären. Mit Hinblick darauf, dass weder in Familienanamnese noch Vorgeschichte des Patienten ein Anhalt für psychotisches Geschehen exploriert werden konnte, dem wenig typischen Auftreten und Verlauf der Beschwerden, der mehr oder weniger spontanen Remission seines Zustandbildes unter Medikation sowie nicht zuletzt mit Hinblick auf die weitaus ungünstigere Prognose beim Vorliegen einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis, sahen wir von einer Diagnosestellung einer drogeninduzierten (Drogenkonsum im Behandlungsverlauf konnte von uns nicht nachgewiesen werden) als auch einer paranoiden Psychose ab.
Hinzuzufügen ist, dass die im Behandlungsverlauf beobachtete kognitive Leistungsfähigkeit des Patienten stets überdurchschnittlich schien, z.B. trotz beklagter Denkstörungen das formale Denken stets erstaunlich geordnet wirkte, ein Realitätsbezug bestand und der interpersonelle Kontakt möglich war. Inwiefern das Erscheinungsbild des Patienten vielleicht doch im Rahmen einer substanzbedingten bzw. endogenen Psychose zu bewerten sein sollte, wird wohl nur durch die Beobachtung des längerfristigen Verlaufs völlig zu klären sein.
Herr M. wuchs in gesicherten und behütenden Verhältnissen auf in denen er sehr gut versorgt, „ihm alle Probleme abgenommen wurden“. Infolgedessen konnte er zahlreiche intellektuelle und soziale Kompetenzen entwickeln, jedoch auch Neigung übermäßige Anforderungen an andere zu stellen und ein verhalten, welches – mit Beginn der Pubertät und des Drogenkonsums – weniger durch Rücksicht- und Verantwortungsübernahme als eher zügelloses Verhalten auf die Befriedigung eigener Bedürfnisse und Interessen ausgerichtet ist. („Regeln interessieren mich eigentlich nicht so sehr; ich mache meine eigenen“). Die Abhängigkeitsentwicklung des Patienten verstehen wir in Zusammenhang mit seiner Neugier („ich war sofort fasziniert von Drogen“) und insbesondere dem Kontakt zu einer Peer Group (infolge des Schulwechsels) in der Drogen positiv bewertet und leicht verfügbar waren.
Hinzuzufügen ist, dass die Trennung der Eltern (im 15 Lj.) und damit verbundene Belastung mit auslösend dafür sein mag, dass der junge Patient im Drogenleben, was ihm „wie eine zweite Welt; wie ein Befreiungsschlag war“, Entlastung und Ablenkung suchte. In der „Kiffergemeinschaft“, in der sich alleine durch die Abgrenzung von den „Normalos“, enges Gemeinschaftsgefühl herausbildet, verfestigte sich polyvalenter Konsum verschiedener psychotroper und zahlreiche positive Effekte („solche Gefühle habe ich vorher nie gehabt“) wurden erfahren.
Typische drogennahe Überzeugungen bildeten sich heraus in der Art wie „In der Szene bin ich angesagt; habe Macht über andere; denken andere der hat es drauf“ sowie „hab ich ein Hochgefühl“ (mit THC) oder „bin ich jenseits von allem; geht was ab; habe ich ein richtig krass gutes Gefühl“ (mit Amphetaminen). Als Folge dieser Konsummuster entstanden Toleranzentwicklung, Einengung auf die Drogen und Vernachlässigung wichtiger Lebensbereiche z.B der Ausbildung. Längerfristige Eskalationen bestanden in Antriebslosigkeit und nachlassendem Leistungsvermögen, was letztlich die Gefährdung des Ausbildungsverhältnisses mit sich brachte.
Als Ressourcen und damit günstige Bedingungen für einen erfolgreichen Behandlungsverlauf können im Ansatz vorhandenes Problembewusstsein und Wunsch des jungen Patienten seine Ausbildung fortsetzen zu wollen, angesehen werden.
7. Rehabilitationsdiagnosen und Rehablilitationsziele:
Aufgrund der oben beschriebenen Anamnese und Diagnostik stellen wir folgende Rehadiagnosen:
F19.2 – Abhängigkeitssyndrom durch multiplen Substanzgebrauch
8. Rehabilitatonsverlauf:
Bei Aufnahme war Herr M. nüchtern. Die Leberwerte waren bereits normal und blieben unverändert. Seit Anfang der Therapie berichtet der Patient über ausgeprägte Ängste vor einer Psychose, Suizidgedanken. Er fühle sich sehr beeinträchtigt und krank mit ausgeprägtem Leidensdruck und hoher Therapiemotivation. Bei den durchgeführten endokrinologischen, orthopädischen und neurologischen Untersuchungen konnten kein organpathologischer Befund erhoben wurden. Unter der Behandlung mit Zyprexa kam es allmählich zu einer Vollremission des psych. Zustandes,. Zwischenzeitlich wurde Zyprexa reduziert. Zum Ende der Therapie entwickelte der Patient einen erneuten Schub eines präpsychotischen Zustandes mit Wahnstimmung und psychosomatischen Beschwerden. Zur Stabilisierung wurde Zyprexa bis 10mg erhöht und die Therapie wurde mit Remergil zur Nacht ergänzt. Trotzdem stellte sich keine ausreichende Stimmungsaufhellung ein.
Bei Aufnahme war ein Drogenscreening im Urin auf Haschisch positiv. Bei späterer Kontrolle kein positiver Nachweis mehr. Der anfängliche leichte Hypertonus mit Tachykardie ist möglicherweise als Folge der Entzugserscheinung und teilweise im Kontext seiner psychischen Problematik zu sehen. Die Behandlung erfolgte kurzfristig mit kleiner Betablockerdosis.
Wir konfrontierten den Patienten wiederholt mit den negativen Folgen des Tabakkonsums und motivierten ihn zum Besuch der Motivationsgruppe „Kritischer Tabakkonsum“. Herr M. konnte jedoch keine Änderung seines kritischen Konsumverhaltens erzielen.
Der Patient wurde der Spezialgruppe „Abhängigkeit von Partydrogen/THC“ im soziotherapeutischen Team zugeteilt. Neben der dreimal wöchentlich stattfindenden Bezugsgruppentherapie und der Teilnahme am Basisangebot der Sport- und Ergotherapie erfolgten regelmäßige Einzelgespräche, mehrere psychiatrische Konsile und Vorstellungen beim leitenden Arzt. Zudem wurde ein Gespräch mit der Mutter bei Behandlungsbeginn und zwei (telefonische) Angehörigengespräche mit ihr geführt sowie ein Telefonkontakt mit dem Schulleiter des Patienten.
Die Interaktion zum jungen, stets freundlich, jedoch eher passiv und meist wenig emotional berührt erscheinenden Patenten war insbesondere geprägt durch das Auftreten unerwarteter und bizarrer Geschehnisse im Behandlungsverlauf, die bis zuletzt auch für uns nicht klar einzuordnen waren (s, unten).
Nachdem Herr M. im Erstgespräch noch eher verhalten gegenüber einer Entwöhnungsbehandlung schien, diese mehr fremd- als eigenmotiviert durch den Arbeitgeber und die Familie antrat, kam es innerhalb weniger Tagen zu einer abrupten Befindlichkeitsverbesserung und Antriebssteigerung des eigentlich eher antriebsgemindert erscheinenden Patienten. Wiederholt äußerte er den Eindruck „einen ganz wichtigen Schritt“ nun erstmal selbst unternommen zu haben, sich unter den Mitpatienten besonders wohl und verstanden , „wie Energie geladen“ zu fühlen, mal etwas „anstoßen“ zu wollen und zum ersten Mal „eine Ahnung davon zu verspüren“, wie sein weiteres Leben aussehen könne.
Innerhalb von zwei Wochen schien sein Stimmungszustand nicht mehr nur subeuphorisch, sondern ins Präpsychotische gehend, wobei er rasch wechselnde Ängste schilderte (z.B., vor einem epileptischen Anfall, Herzstillstand, Hirnschlag..), innere Anspannung sowie Art Wahnstimmung mit Ich-Störungen („dass etwas vorgehe um ihn; er sich verändert fühle), bizarre Denkinhalte (er z.B. in einer Mitpatientin die für ihn bestimmte zukünftige Ehefrau sehe usw.)
und ansatzweise Größenideen („dass sich nun alles füge; er Klarheit über alles habe; auch wisse was in anderen Mitpatienten vorgehe“ und „er das gelungene Experiment seiner Eltern darstelle“) von ihm berichtet wurden. Daraufhin erfolgte ein erstes psychatrisches Konsil beim leitenden Arzt und eine Medikation wurde verabreicht. Nachdem es bereits am Folgetag zu einer deutlichen Stabilisierung und Distanzierung des Patienten vom psychotischen Erleben kam, entstand unsererseits der Verdacht auf Substanzkonsum, obwohl sämtliche DS Screenings negativ waren. Dies wurde in mehreren Einzel- und auch Gruppengesprächen von uns kritisch thematisiert, vom Patienten jedoch beharrlich und vehement verneint.
DIe Suchterkrankung betreffend wurde zur Förderung von Problembewusstsein und Abhängigkeitsverständnis der Besuch der medizinischen und psychologischen Vorträge vereinbart, wobei persönlich relevante Inhalte des Patienten, wie starker Drang zu kiffen, rasche Dosissteigerung, Mischkonsum und Einengung auf Drogen im Rahmen der Gruppentherapien vertieft wurden. Wesentliches Thema stellte dar, besonders die Ambivalenz, des jungen Patienten seinen Cannabiskonsum betreffend zu bearbeiten und die Bagatellisierung dahingehend zu reduzieren. In der Bezugsgruppe schien Herr M. von Beginn an interessiert und engagiert beteiligt, wobei er auffiel durch besonders konstruktive und reflektierte Rückmeldungen an andere.
Wesentliches weiters Ziel im Behandlungsverlauf stellte die Sicherung des bestehenden Ausbildungsverhältnisses dar, wobei Herr M. seinen Schuleiter zu einem Betriebsseminar einlud. Im darauf folgenden telefonischen Kontakt äußerte dieser seine Bedenken, inwiefern eine Rückkehr an die Schule, an der offenbar ein großes Drogenproblem bestehe, sinnvoll sein werde und bat den Patienten dies kritisch zu überdenken. Zur Vorbereitung des Betriebsgespräches mit dem Schulleiter in der Klinik regten wir Herrn M. an, nach alternativen Ausbildungseinrichtungen bzw. Schulen Ausschau zu halten, sowie – für den Fall einer Rückkehr an die Ausbildungsstätte – konkrete Möglichkeiten der Nachsorge und Vereinbarungen mit dem Schulleiter zu überlegen zur Aufrechterhaltung seiner Abstinenz. Obwohl Herr M. erst erschüttert schien („ich hatte fest damit gerechnet, dahin zurück zu kehren“), schien er insgesamt eher wenig aktiv beteiligt, denn geneigt sich Ideen vorgeben zu lassen bzw. eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik zu vermeiden. Eigeninitiativ setzte er Dinge nur unter konkreten Anweisungen um. Auch was die Teilnahme an der der Indikativgruppe „Beruf und Zukunft“ betraf, im Rahmen derer er bei der Suche nach alternativer Ausbildungsangebote und der Erstellung und der Erstellung von Bewerbungsunterlagen unterstützt werden konnte, zeigte er sich bedingt interessiert. Mangelnde Eigeninitiative und Passivität des Patienten verstanden wir in Zusammenhang mit seiner nur geringen Bereitschaft zur Eigenverantwortungsübernahme, was wir auch kritisch mit ihm zu thematisierten versuchten.
Eine Woche vor dem anstehenden Gespräch mit dem Schulleiter und unter- vom Patienten gewünschten Absetzen bislang verabreichter Medikation – kam es erneut zur Stimmungsverschlechterung, wobei er panikartige Zustände beschrieb, insbesondere die Befürchtung „psychotisch“ zu werden. Das Gespräch mit dem Schulleiter wurde daraufhin von ihm ohne Rücksprache mit uns abgesagt. Im weiteren Verlauf schilderte er weitere Befindlichkeitsverschlechterung mit ständig neuen Befürchtungen „auf Drogen hängen geblieben zu sein; einen Hirnschaden zu haben“ oder „dass er zu viel Pilze konsumiert habe; seine Hirnstrukturen durch LSD verätzt seien“.
Damit einhergehend beklagte er weitere Antriebs- und Hoffnungslosigkeit bis hin zu Suizidgedanken, da „eh alles zu spät sei; er sein Leben nicht mehr auf die reihe kriegen werde; er nicht mehr lebensfähig sei“. In den Vorstellungen beim leitenden Arzt konnte sich der Patient jedoch von psychotischen Inhalten klar abgrenzen, Realitätsbezug und interpersoneller Kontakt waren stets gut herstellbar und er zeigte sich absprachefähig.
Die Empfindungen und ständig wechselnde Theorien des Patienten zur Erklärung seines für ihn als sehr befremdlich erlebten Zustandes im Sinne ausgeprägter Fremdbeeinflussbarkeit, verschwimmenden Ich-Grenzen und Hypersensitivität sowie einer vermutlich bestehenden Neigung psychotisch zu reagieren. Da sich ein ähnlicher Zustand des Patienten bereits einmal abrupt bzw. unter Medikation gut stabilisiert hatte, waren wir bemüht Herrn M. zu beruhigen, ihn als vollwertig anzunehmen, weniger sein (bizarren) Theorien aufzugreifen, als im Hier und Jetzt zu arbeiten, ihm Angstbewältigungsfertigkeiten zu vermitteln, ihn zu aktivieren und insbesondere mit ihm konstruktive Lösungen zu entwickeln, was weitere Zukunftsperspektiven betraf. Dabei versuchten wir ihn zu einem externen Praktikum im Heilerziehungspflegebereich zu motivieren, sowohl um eigene Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit zu erproben, als auch in einer alltagsnahen Umgebung für sich selbst überprüfen zu können, inwiefern eine Rückkehr an den Ausbildungsplatz für ihn noch vorstellbar sein werde.
Für den Patienten schien es sehr schwer, sich auf unsere Vorschläge einzulassen. Er beklagte zu nichts mehr fähig zu sein („alles nur eine Qual; in dem Zustand kann ich nirgendwo hingehen“), erschien dann in Gesprächen mit dem leitenden Arzt wieder stabiler und kontrollierter und äußerte die Absicht doch ein Praktikum versuchen zu wollen, um dann anschließend – wenn es an die konkrete Umsetzung dessen ging – wieder zu beklagen, sich (doch) nicht dazu imstande zu fühlen. Auch wurden zwei Gespräche mit der Mutter geführt, im Rahmen derer sich Diskrepanzen herausstellten, zu Angaben (z.B. seine Schuldensituation betreffend), die er uns gegenüber gemacht hatte. Zudem entstand der Eindruck, dass er eine Einbeziehung der Eltern in das Therapiegeschehen nicht wünschte.
Letztlich kamen wir zum Entschluss, dass der Patient zum gegenwärtigen Zeitpunkt wohl nicht rehafähig sein werde. Wir thematisierten diese Schwierigkeit, dass wir ihn nicht mehr in der Lage sahen mit uns konstruktive Lösungen zu entwickeln und schlugen ihm vor die Behandlung bei uns zu beenden und eine Verlegung in eine vollstationäre psychiatrische Behandlung am Heimatort bzw. den Besuch einer Tagesklinik einzuleiten. damit einhergehend nahmen wir gemeinsam mit herrn M. Kontakt zur Tagesklinik in Villingen auf vereinbarten dort ein Vorgespräch für ihn.
Er nahm diesen Termin nicht wahr, sondern entschloss sich daraufhin nun doch ein Praktikum versuchen zu wollen. Dieses gelang uns auch zeitnah zu arrangieren, so dass er in einem Heim in Kliniknähe sein Praktikum in der vorletzten Behandlungswoche antreten konnte. Nach weniger als 5 Tagen kam er zum dem Entschluss, dass er die Tätigkeit als Heilerziehungspfleger nicht mehr ausüben wolle, da ihm der Umgang mit behinderten Menschen und die pflegerische Tätigkeit, „nachdem er den Beruf erstmals nüchtern sehe“, als zu belastend erschien. Zudem beklagte er massiven Suchtdruck dort zu verspüren. Das Praktikum wurde von ihm letztlich eigeninitiativ „hingeschmissen“, ohne erneute Rücksprache mit uns.
Da die anstehende Entlassung noch vorzubereiten war, einige Nachbesprechungen zu führen und Nachsorgemaßnahmen einzuleiten waren, beendeten wir die Behandlung zum geplanten Entlasszeitpunkt. Kontakt zur Nachsorgestelle gelang es Herrn M. unter ausdrücklicher Anleitung dazu noch aufzunehmen, Kontakt zum Schulleiter aufzunehmen lehnte er als überflüssig ab, da dieser mit der schriftlichen Kündigung seines Zimmers bereits erfahren habe, dass er nicht mehr in das Ausbildungsverhältnis zurückkehren werde. Auch weitere Behandlung im Rahmen einer Tagesklinik, Psychiatrie o.ä. lehnte er ab, mit der Begründung sich etwas stabiler zu fühlen.
Die Entlassung erfolgte regulär.
9. Rehabilitationsergebnis:
Bei der Abschlussuntersuchung klagte Herr M. über depressive Verstimmungen, insgesamt über ein deutliches Krankheitsgefühl. Bei der körperlichen Untersuchung gab es keine Änderung im Vergleich zum Aufnahmebefund. Die aufgetretene Dekompensation des psychischen Zustandes des Patienten, ließ sich infolge der medikamentösen Behandlung mit Zyprexa reduzieren. Eine enge konsequente psychiatrische Verlaufskontrolle erscheint uns weiterhin erforderlich.
Puls: 106/min, RR 131/87 mmhg, Gewicht 73kg (BMI 22). Zunahme seit Therapiebeginn 4 Kg. Herr M. rauchte bei Entlassung 20 Zigaretten pro Tag.
Am Ende der Behandlung gab Herr M an erleichtert zu sein, „dass es ihm wieder einigermaßen besser gehe“, nachdem er bereits befürchtet habe nun den Rest seines Lebens „sterbensdepressiv; wie gelähmt“ zu sein. Die Therapie sei ganz anders verlaufen, als er sich erhofft hatte. Infolge der seltsamen psychosenahen Zustände , die er erfahren hatte, habe er vor allem negative Erfahrungen im Therapiegeschehen gemacht, nun jedoch „wirklich ernste Gründe keine Suchtmittel mehr zu nehmen“. Er habe begriffen, wie sehr er mit Drogen sein Gehirn geschädigt habe, sehe nun wie ernst und elementar wichtig für ihn sein werde, davon Abstand zu nehmen. Wichtige positive Erfahrungen bestünden für ihn nur darin, zu sehen, dass auch nach einer sehr schlechten Phase alles wieder besser werden könne, die zahlreiche Unterstützung die er von Mitpatienten erhalten habe und das gute Verhältnis welches zu seiner Familie bestehe; zudem habe er von Informationen bezüglich Panikattacken viel profitiert. Was die Zukunft betreffe, könne er noch wenig sagen. Im Moment wolle er einfach nur abwarten, wie sich sein Gesamtzustand entwickle. Sei Ausbildungsverhältnis habe er gekündigt und vorübergehend wolle er zur Mutter ziehen, sich dort um irgendeinen Job bemühen.
Das wichtigste bestehe für ihn darin, trotz seines labilen Zustandes ohne Drogen zu leben und ein einigermaßen „normales“ Leben führen zu können.
Aus psychotherapeutischer Perspektive ist hinzuzufügen,dass Herr M. zu Behandlungsende psychisch gefestigter , stabiler, weniger antriebsarm und ruhiger wirkte, wobei vor allem sein Entschluss nicht mehr an die Ausbildungsstelle zurückkehren zu müssen, ihn deutlich zu entlasten schien. Zur weiteren Stabilisierung seines psychischen Zustandes und Unterstützung bei der Alltagsgestaltung – gerade in Anbetracht nun mangelnder Tagesstruktur infolge des Abbruchs der Lehre und vorübergehenden Einzugs – schlugen wir ihm den Besuch einer Tagesklinik in Heimatortnähe vor.
Dies wurde von Ihm abgelehnt mit der Begründung, dass er sich inzwischen stabil genug fühle, um sich nach einem anspruchslosen Nebenjob umzusehen. Unter Vorbehalt dessen, dass es – wie oben beschrieben – im Behandlungsverlauf zu Vorfällen kam, die für uns schwer nachvollziehbar waren, schien der junge Patient was seine Suchtproblematik betraf, Selbstakzeptanz als abhängig und Problembewusstsein erlangt zu haben. Zumindest äußerte er sich uns gegenüber sehr klar in seinem Abstinenzbestreben, sowohl was THC als auch den Konsum anderer psychoaktiver Substanzen betreffe, wobei er betonte, „Die Ernsthaftigkeit dessen nun eingesehen zu haben“. In Anbetracht dessen, dass im Behandlungsverlauf infolge oben beschriebener Problembereiche keine ausreichende Auseinandersetzung mit drogennahen Verhaltensweisen und Etablierung schnell abrufbarer Coping Strategien im Umgang mit Risikosituationen erfolgen konnte, rieten wir ihm dringend die weitere Durchführung einer ambulanten Nachsorge, darüber hinaus vereinbarte er mit der Mutter regelmäßige Drogenscreenings durchzuführen und plant eine ambulante Psychotherapie anzutreten.
Außerdem ist kritisch anzumerken, dass Herr M.über ausgeprägtes Vermeidungsverhalten verfügt, was die eigenständige Klärung von alltagsnahen Problembereichen betrifft und er dazu neigt, jegliche Verantwortung an andere zu delegieren. Dies konnte mit ihm zwar thematisiert, jedoch in Anbetracht der Vorkommnisse im Therapieverlauf keine Änderung herbeigeführt werden. Im Weiteren scheint es sinnvoll den Patienten zu mehr Bereitschaft von Eigenverantwortung im Umgang mit Alltagsanforderungen zu motivieren.
10. Sozialmedizinische Epikrise.
Der Patient befand sich wegen Cannabisabhängigkeitssyndrom und Störung durch multiplen Substanzgebrauch zu seiner ersten Entwöhnungsbehandlung in unserem Hause zur Langzeittherapie.
Die Entlassung erfolgte regulär und arbeitsunfähig. In Anbetracht der psychisch instabilen Situation des Patienten im Behandlungsgeschehen halten wir ihn für Tätigkeiten im sozialen Bereich nicht für ausreichend belastbar. Die Leistungsfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf ist somit aufgehoben.
Bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt besteht keine quantitative Leistungsminderung. Folgende Qualitative Leistungseinschränkungen liegen vor:
Kontakt mit Suchtmitteln und Tätigkeiten mit erhöhter Stressbelastung und gehobene Verantwortung für Personen sollten vermieden werden. Von Patientenseite wird diese Leistungseinschätzung geteilt. Bei Entlassung war der Patient noch im Ausbildungsverhältnis, das jedoch zum 1.11.2005 gekündigt wurde.
Er kann sich zuhause selbst versorgen. Prognostisch günstig ist die Selbstakzeptanz als abhängig, die positive familiäre Situation und die Bereitschaft zur Nachsorge (Drogenberatung, Psychotherapie).
Prognostisch ungünstig ist noch bestehende psychische Labilität, Antriebsschwäche und geringe Bereitschaft zur Übernahme von Eigenverantwortung.
Zur Weiterbehandlung ist eine ambulante Nachsorge bei der Drogenberatung geplant. Die Medikation bei Entlassung (Zyprexa 10 mg (0-0-1-0) und Remergil (0-0-01) empfehlen wir beizubehalten. Wegen der Gefahr einer Suchtverlagerung empfehlen wir, die Indikation für die Verordnung von Beruhigungs-, Schlaf- oder Schmerzmitteln und stimmungsverändernden Medikamenten sehr streng zu stellen.
Kurze Info: nachdem ich dann aus der Klinik entlassen wurde, musste ich erst einmal versuchen wieder irgendwie auf das Leben klarzukommen und hab 1 Jahr lang einfach abgewartet. dann hab ich mir einen Job gesucht, alles verlief gut, bis ich durch ein Medikament wieder weit zurück in den Trip geschleudert wurde und bis heute, über 9 Jahre später, bin ich immer noch drauf.
Nun geht es mir in den den letzten zwei Jahren wieder ziemlich gut und die Depression ist fast nicht mehr vorhanden, ich habe wieder Lebenswillen gewonnen.
Crystalix
Finde es „mutig“ den Bericht hier einzustellen. Danke das du ihn teilst. Interessant zu lesen. Ich war selbst mal Benzodiazepinabhängig. Schön, das es dir jetzt besser geht. LG desweges
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Es ist wirklich mutig von dir, dass du uns das lesen lässt. Ich habe alle gelesen und es war mal eine ganz Andere Sichtweise.
Ich hoffe dir geht es besser und du akzeptierst deine Vergangenheit.
LG
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